A | Aufteilung im Raum
1. Strikte geometrische Anordnung der Elemente
Hier werden die Komponenten nach einem erkennbaren, starren Raster aufeinander abgestimmt, die Komposition kann dabei Struktur und Klarheit vermitteln, je nachdem, was inhaltlich benötigt wird (in unserem Falle das strikte „Stick together“). Das Arbeiten mit strikter geometrischer Anordnung setzt immer einen entsprechenden Content voraus, der dergestalt zu ordnen ist; vor allem der „grafische Dreisatz“ (siehe rechte Seite) bringt dies entsprechend zum Ausdruck.
Bei der strikten geometrischen Anordnung können die Elemente zueinander auch unterschiedliche Abstände im Raum (daher auf der zu gestaltenden Fläche) haben; „Raum“ bezeichnet hier den Platz, der für die Gestaltung überhaupt zur Verfügung steht – in unserem Fall hat jede Grafik rechts ungefähr ein Drittel der Seite zur Verfügung (Raum = Platz | Platz im Raum = Platz in der Komposition). Wichtig ist nur, dass die Komposition an sich eine klare und nachvollziehbare geometrische Anordnung aufweist, die als solche auch erkennbar ist. Für den Inhalt des Gezeigten bedeutet das, dass die einzelnen Elemente die ungefähr gleiche inhaltliche Stärke haben, sich daher in der Aussagehierarchie auf gleicher Ebene befinden (Beispiele zwei und drei rechts).
2. Spannung innerhalb der Komponenten
Als neuer Spieler kommt hier nun der Raum hinzu, der zwischen den Komponenten entsteht, wenn wir das klare Raster einer übergeordneten Geometrie verlassen (in unserem Beispiel zeigt sich der unterschiedlich große weiße Raum zwischen den Kreisen).
Die Komponenten treten nun in ein Spannungsverhältnis zueinander, das eine neue, ebenso grafische Komponente bildet (eben den weißen Spannungsraum zwischen den Elementen). Genau dieses Spannungsverhältnis trifft dann auch den Nerv der Aussage (in unserem Falle das „Get together“; wir könnten den entstandenen Spannungsraum hier auch als die Freude interpretieren, mit der wir zB ein neues Team-mitglied in unserer Mitte aufnehmen).
Spannung hier ist dem dramaturgisch-szenischen Bogen vergleichbar, den etwa ein Filmdrehbuch (oder auch Film an sich) aufbaut; der rote Faden ist das Voranschreiten der Handlung, die einmal mehr und einmal weniger Tempo hat (im Kontext zu Grafik-Design das Verwenden von unterschiedlich gewichteten Elementen). Dieses Spiel mit Gewichtungen wird in der Dramaturgie als Spannungskurve (Spannungsbogen) bezeichnet.
Dieses Konzept visuell umzusetzen ist dann auch die große Kunst und Herausforderung von Grafik-Design und lässt sich im Rahmen dieses Beitags nur fragmentarisch vermitteln (siehe zB Kapitel Arbeit mit Formaten). De facto bedarf es jahrelanger Schulung und Arbeit in der Praxis, diese Form der Komposition zu beherrschen. Generell gesprochen ist die spannungsbasierte Komposition Hauptbestandteil der täglichen Arbeit mit dem Medium Grafik-Design.
3. Verschieden große Elemente
Die Größenstaffelung von Elementen bringt diese nicht nur in ein Verhältnis zueinander, es wird auch Komposition insgesamt geschaffen bzw. diese beeinflusst. Die Größenstaffelung kann Informationen darüber liefern, wie sich die einzelnen Elemente zueinander verhalten und wo sich ihre Position im Gesamtgefüge befindet (siehe Beispiel 1 rechts).
Die Größenverhältnisse geben im Idealfall darüber Auskunft, wie die Elemente in der Aussagehierarchie zueinander stehen, daher darüber, welche Stellung sie im Gesamtkontext einnehmen. Im Beispiel 1 kann man den Text zusätzlich auch visuell lesen (anhand der Größenverhältnisse), vergleichbar der Betonung, die beim lauten Sprechen eines Textes entsteht.
Für die Bildkomposition im Rahmen von Grafik-Design hat dieses Prinzip enorme Auswirkungen: es kann somit visuell gleichsam gesprochen werden (daher mitsamt der solcherart einsetzbaren Betonung); die Inhalte treten nun ihren Gewichtungen gemäß zueinander in Beziehung (Beispiel 2). Daher das Produkt an sich, sein Name, das Schlüsselbild (in unserem Fall der Pizzaausschnitt in Form Italiens) – alles wird hier auf einen Blick klargelegt, vergleichbar einem Statement, das mit nur einem Satz alles Notwendige aussagt.
Das wäre dann auch der tiefere Sinn von Grafik-Design, nämlich die Fähigkeit, inhaltliche Zusammenhänge visuell darzustellen und augenscheinlich vermittelbar zu machen, somit „ein Statement“ abzugeben. Dieses Statement ist dabei derart klar und eindeutig, dass das Gezeigte „in einem Satz erklärt“, ohne dass dabei Inhalte oder Kernaussagen verloren gehen. Das Phänomen der „klaren Sprache“ tritt hier in Erscheinung.
4. Weitere räumliche Ordnungsprinzipien
Weitere wichtige Ordnungskriterien sind Prinzipien wie Reihung, Rhythmus, Streuung, Symmetrie, Asymmetrie und Muster.
Reihung
Folge von Elementen, die optisch oder funktional eine Reihe bilden, daher in einem linearen Zusammenhang zueindander stehen. Wirkung: einfach, gleichrangig, ordentlich, ruhig.
Rhythmus
Elemente wiederholen sich sequentiell mindestens einmal bzw. sind rhythmisch untereinander angeordnet. Wirkung: dekorativ, ordentlich, überschaubar, lebendig.
Streuung
Die Kompositionselemente liegen formal ungeordnet bzw. teils weit auseinander. Wirkung: dynamisch, frei, locker, lebendig.
Symmetrie
Die Elemente liegen gleich weit von der jeweiligen Symmetrieachse entfernt, stehen sich also spiegelbildlich gegenüber. Wirkung: ausgewogen, geordnet, harmonisch, ruhig, stabil.
Asymmetrie
Die Elemente sind betont unregelmäßig angeordnet, Gleichmäßigkeit und Symmetrie werden hier vermieden. Wirkung: lebendig, impulsiv.
Muster
Die Elemente treffen hier zu einem regelmäßig wiederkehrenden Flächendekor aufeinander. Wirkung: dekorativ, harmonisch, konstant.